Mit zwei Motionen verlangen die Grünliberalen deshalb, dass der Grossrat beim nötigen Sparprogramm auch die Landeskirchen in die Pflicht nimmt. Einerseits verlangen die Grünliberalen eine Überarbeitung des Gesetzesartikels, wonach die Pfarrerlöhne von den ordentlichen Steuereinnahmen beglichen werden. Andererseits soll die Regelung betreffend Mindestanstellungsgraden bei Pfarrstellen, die heute auch Kleinstkirchengemeinden eine Pfarrstelle von übertriebenen 60 Prozent garantiert, angepasst werden.
Das Verhältnis von Kirche und Staat ist im Kanton Bern ausserordentlich eng, was auch in der Angebots- und Strukturüberprüfung (ASP) des Kantonshaushalts offensichtlich wurde: Die Ausgaben im Bereich Kirchen liegen bei 191% des gesamtschweizerischen Durchschnitts – der Kanton Bern leistet sich also fast doppelt so hohe Ausgaben pro Person für die Kirche als der Durchschnitt der Kantone. Obwohl die Abweichung der Ausgaben in keinem anderen Bereich derart hoch ist, hat der Regierungsrat bisher keine Anstalten gemacht, Sparpotential bei den Landeskirchen aufzuzeigen – offenbar auch aus Angst vor der Opposition von Seiten der Kirchen. «Es darf nicht sein, dass sich der Regierungsrat weigert, die enorme finanzielle Unterstützung der Landeskirchen in Frage zu stellen, nur weil mit emotionalem Widerstand und juristischen Schritten zu rechnen ist. Die Kirchen selbst haben bisher keinerlei Wille gezeigt, freiwillig und solidarisch Sparanstrengungen zu unternehmen, weshalb eine Lösung auf politischer Ebene notwendig ist», meint glp-Fraktionspräsidentin Franziska Schöni-Affolter.
Alte Zöpfe bei der Regelung der Pfarrerbesoldung gehören abgeschnitten
In den Augen der Grünliberalen liegt das Grundproblem bei den Kirchenausgaben in der Tatsache, dass im Kanton Bern die Pfarrerlöhne durch die ordentlichen Steuereinnahmen und nicht durch die Kirchensteuern beglichen werden – ein Unikum in der Schweiz, dass auf einem Dekret aus dem Jahr 1804 beruht. Die glp fordert in einer Motion, dass dieser im Kirchengesetz festgeschriebene Grundsatz aus napoleonischen Zeiten angepasst wird. Wenn Kirchen Leistungen für die Allgemeinheit erbringen, soll auch künftig eine Entschädigung über Leistungsverträge möglich sein – im Übrigen muss die Besoldung der Pfarrerinnen und Pfarrer aber Sache der Kirchgemeinden werden. «Der Anteil der Bevölkerung, der gar keiner Religion oder keiner Staatskirche angehört, steigt stetig an – Folge dieser Entwicklung muss eine Entflechtung zwischen Kirche und Staat sein!», meint Motionärin Franziska Schöni-Affolter.
Übertriebene Stellenprozente müssen angepasst werden – Einsparungen zugunsten der Behindertenbetreuung
Neben dem grundsätzlichen Problem der Pfarrerbesoldung durch den Kanton stören sich die Grünliberalen auch an der Verordnung welche die Anstellungsprozente von Pfarrpersonen regelt. Hier existiert im Kanton Bern ein Mindestanstellungsgrad von 60%, dies auch bei Kleinstkirchgemeinden mit weniger als 700 Kirchenmitgliedern. Der Mindestanstellungsgrad soll in einem ersten Schritt durch eine Anpassung der Verordnung auf ein vernünftiges Mass reduziert werden. Ein solch aufgeblähtes Betreuungsverhältnis pro Kleinstkirchgemeinde ist schlicht nicht zeitgemäss und stellt einen nicht finanzierbaren Luxus dar, besonders wenn in allen übrigen Bereichen gespart werden muss. Extrembeispiele sind etwa die reformierten Kirchgemeinden Gadmen (183 Kirchenmitglieder) oder Sornetan (214 Kirchenmitglieder), wo eine 60%-ige Pfarrerstelle geradezu absurd ist. Die glp fordert in einer Richtlinienmotion die Reduktion dieses Mindestanstellungsgrades auf 20% bei weniger als 450 Kirchenangehörigen. Nebst Einsparungen schafft dies auch einen Anreiz zu sinnvollen Fusionen von Kirchgemeinden. Mit dieser moderaten und zeitgemässen Anpassung können bis zu 50 Pfarrstellen eingespart werden. Mit einem Teil des damit eingesparten Gelds sollen die schmerzhaften Kürzungen im Behindertenbereich abgefedert werden.